Bericht
einer Pflegestelle

Glück auf Zeit - Wir sind
Pflegestelle
Beim ersten Mal ging die Sache direkt “schief“. Unser Pflegehund
Arietta war noch keine 24 Stunden im Haus, da sagte meine
Tochter: „Ich will sie behalten. Ich liebe sie.“
Großes Gelächter ringsum. Schließlich
haben alle gewusst, dass wir keinen Hund hergeben könnten. Meine
Tochter hat eine eigene Wohnung, aber wo bringt eine junge,
berufstätige Frau ihren kleinen Hund am besten unter? Richtig:
bei Mama und Papa. Es kam, wie es kommen musste: Arietta wurde
umgetauft in Lotta und lebt seither in Teilzeit bei uns.
Aber: Wir sind trotzdem
Pflegestelle geworden und erwarten voll Vorfreude unseren
zehnten Pflegehund. Unser Job als Pflegefamilie beginnt meist
mit einer kleinen Gassi-Runde. Manchmal ist der Hund so
angespannt, dass da erstmal „nichts geht“. Auch mit dem Appetit
ist es meist nicht weit her. Die lange Reise stresst die Tiere.
Doch während den nächsten Stunden
kommt ein Moment, der mich immer tief berührt: Unser neuer
Pflegehund beschließt Vertrauen zu fassen. Mal lehnt er sich
vorsichtig an meine Beine, mal streckt er sich mit einem tiefen
Seufzer neben mir auf dem Sofa aus, mal kuschelt er sich in
meinen Arm. Als wollte er sagen: „Okay, du scheinst es gut zu
meinen. Versuchen wir es mal.“
Am ersten Tag brauchen die Hunde vor
allem Ruhe. Wir versuchen uns auch ruhig zu verhalten und machen
nur kleine Ausflüge in den Garten oder hinters Haus. Drinnen
folgt der Pflegehund mir auf Schritt und Tritt. Schien er eben
noch tief zu schlafen, ist er im nächsten Moment auf den Füßen
und geht mit mir in die Küche, in den Keller oder auch ins Bad.
Deutlicher kann man nicht sagen, dass man Anschluss und
Zuwendung sucht, oder?
Am nächsten Tag brechen wir gemeinsam
mit unserem Schäferhund-Mix Jack zu einem ersten längeren
Spaziergang auf. Ich glaube, dass Jack dank seines
ausgeglichenen Gemüts eine therapeutische Wirkung auf unsere
Pflegehunde hat: Er gibt ihnen Sicherheit und Orientierung.
Innerhalb weniger Tage lernen wir uns
so recht gut kennen. Jeder unserer Pflegehunde hat sich schnell
in die Gemeinschaft eingefügt, so unterschiedlich sie auch
waren. Der sanfte Arius, der wuschelige Milou, der kecke Leo,
der zuerst so ängstliche Spotty… jeder ein ganz eigener
Charakter, jeder auf seine Art zauberhaft und liebenswert.
Wenn dann der Anruf vom Verein
kommt: „Na, wie macht sich denn XY?“, dann kann ich nach kurzer
Zeit schon eine ganze Menge berichten. Der eine Hund braucht
eine ruhige Umgebung, der nächste hundeerfahrene Menschen,
andere besonders viel Bewegung und Beschäftigung.
Dann kommt der Tag, an dem sich ein Interessent anmeldet – und
fast immer mündet der Besuch in Liebe auf den ersten Blick. Nun
naht für uns der Abschied. Ja, mein Herz ist schwer, wenn ein
Hund geht, denn ich habe jeden einzelnen lieb gewonnen und würde
ihn am liebsten behalten. Aber zum Glück gibt es eine wunderbare
Medizin gegen den Abschiedsschmerz: Nachrichten, Bilder und
Videos, die nach kurzer Zeit auf meinem Handy eingehen. Fotos
von fröhlichen Hunden und glücklichen Familien Das ist Balsam
auf die Seele. Mit vielen der neuen Besitzer bleibe ich in
Kontakt und kann mich immer wieder über Neuigkeiten von “meinen“
Hunden freuen.
|